Hay-Merting-Sternmuster

Hay-Merting 1 - Der Ohrring des Drachen (Cassiopeia)

"Am nordwestlichen Stern der Winddrachenraute von Kemble 3 zeigt sich ein ovaler Bogen schwacher Sterne, die bis auf drei hellere Sterne zumeist 15. Größenklasse haben."

 

So viel zur offiziellen Beschreibung. Die Realität sieht im September 2023 dann so aus: 10''-Spiegel unter Flughafenhimmel: Fehlanzeige. Na gut, mag ja sein. Dann eben mit ...

... 10''-Spiegel unter Albhimmel: ..., ... Nee, irgendwie nicht wirklich. 

Ein Glück naht das HTT mit größeren Teleskopen, und siehe da: Mit 12,5'' unter Jeßnigker Himmel wird der filigrane Ohrring sichtbar. Die meisten Sterne sind direkt zu sehen, manche zeigen sich nur indirekt. Schwierig, aber reizvoll!

 

 

 


Hay-Merting 2 - Die Drachenraute (Sagitta)

"Knapp 30' nördlich des Sternhaufens Roslund 3 fällt ein kleines Muster auf - vier hellere Sterne 9. bis 10. Größenklasse bilden eine perfekte Raute und im Inneren bilden drei schwächere, 11 bis 12 mag helle Sterne eine gebogene Kette, die das Ganze dreidimensional betrachtet wie einen Oktaeder wirken lässt."

 

Die linke Zeichnung zeigt den Anblick in meinem damaligen 6''-Dobson. Zufällig auf den Tag genau drei Jahre später wanderte ich mit meinem 10''-Dobson durch das Sternbild Sagitta und wollte sehen, ob ich inzwischen alle drei inneren Sterne sehen kann (Spoiler: Ja, kann ich).



Hay-Merting 3 - Der Widderkopf (Orion)

"Gut 40' nordwestlich von Abell 12 befindet sich eine interessante Sterngruppe - eine schmal und eine weit geschwungene Sternkette lassen einen leicht dreidimensionalen Eindruck von den Hörnern eines Widders entstehen."

Warum ich mit dem Vierzöller über dem Flughafen nach dem wilden Tier gesucht habe? Vielleicht, weil ich selbst ein wenig wild im Kopf bin ;) Mit dem Zehnzöller war es doch bedeutend einfacher.



Hay-Merting 4 - Hays Ring (Cassiopeia)

"Ein ringförmiges Sternmuster mit einem Durchmesser von etwas über 0,7° - der Sternhaufen NGC 225 ist am südöstlichen Rand des Rings beteiligt, der Sternhaufen Stock 24 liegt etwas innerhalb des westlichen Rands."

 

Aufgrund tragischer, mir unbekannter Umstände existieren zu diesem wunderbaren Sternmuster keine Aufzeichnungen in meinen Listen. Ich habe wohl wieder einmal im Eifer des Gefechts einen grandiosen Anblick im Okular zu Papier bringen wollen und dabei vergessen, auch etwas zu diktieren.

 

Eine Zeichnung mit dem 10''-Dobson steht noch aus und folgt.

 


Hay-Merting 5 - Hays Fragezeichen (Sagitta)

"Die Stelle ist im isDSA komplett leer, das heißt, dort sind keine Sterne heller als 9m5, dieser Mangel an optischer Konkurrenz hilft dem Sternmuster, sich zu behaupten."

 

Na, hat hier noch jemand Fragen? Ist doch eindeutig, nicht wahr? Ich hatte dennoch ein Fragezeichen auf der Stirn, als ich am 7. September 2020 mit dem 6''-Dobson an der (vermutlich) richtigen Stelle gesucht, aber nichts Auffälliges gefunden hatte. Ein Glück war September 2020 die Übergangszeit, in der ich schon den 4''-Borg hatte, also suchte ich einen Tag später noch einmal und ... nun ja ... ich will ja nun nicht meinen Refraktor zu hoch loben. Doch, eigentlich schon: Das Fragezeichen war ganz eindeutig da, die feine Kette aus Sternchen, unterlegt von einem zarten Glimmen - grandios!

 

Gezeichnet habe ich das kosmische Satzzeichen dennoch erst zwei Jahre später unter Albhimmel und mit dem 10''-Dobson. In dieser Nacht war das Fragezeichen sehr deutlich und schimmernd zu sehen.


Hay-Merting 6 - Der Sprungturm (Cepheus)

"10‘ nördlich des Sternhaufens King 10 steht ein orangefarbener Stern 9. Magnitude, der als Vorderkante des 5m-Bretts an einem Sprungturm aufgefasst wird. Zwischen diesem Stern und King 10 bildet eine markante Dreierkette von 10 mag hellen Sternen das 3m-Brett, King 10 ist das aufspritzende Wasser direkt nach einem Sprung."

 

Besser kann ich es selbst auch nicht beschreiben. Das Muster ist einleuchtend, ich sehe beide Sprungbretter, den mutigen Taucher und - was mich ja besonders stolz macht - auch den königlichen Wasserplatscher (King 10). Es ist mein zweiter King-Haufen überhaupt und sogar unter Flughafenhimmel  ist die grieselige Aufhellung mit einigen Einzelsternchen gut zu sehen.

Hay-Merting 7 - Träumendes Kindergesicht (Vulpecula)

"Eine lange, geschwungene Sternlinie bildet die Kontur eines Kindergesichtes und zwei Sterngruppen innerhalb leuchten in Ferngläsern leicht neblig wie zwei geschlossene Augen."

 

Das Kindergesicht ist mit der großflächigen Form des Sternmusters eindeutig zu sehen, leider fehlt unter heimischem Flughafenhimmel das zweite Auge und die Gesichtsform ist nicht durchgehend zu erkennen.

 

Einen Tag später auf der Alb ...

 

Was besserer Himmel ausmacht, mich schaut ein zufriedenes, verträumtes Kind mit geschlossenen Augen an, das eine hübsche Haartolle trägt, ich kann meinen Blick kaum abwenden, so einnehmend ist diese Gesichtsform.

 

Das Kindergesicht ist eines der Sternmuster, von dem ich meinen Blick immer weniger abwenden kann, je länger ich es betrachte - eine ganz große Empfehlung für alle Fernglasliebhaber!



Hay-Merting 8 - Cleopatras Auge (Sagittarius)

"So genannt, weil eine geschwungene Linie von 15 Sternen bis 9m5 sich so um den Offenen Sternhaufen M 25 legt, dass sie wie der Lidstrich von Cleopatras rechtem Auge aussieht - M 25 bildet darin das eigentliche Auge."

 

Wo wir schon bei Fernglaslieblingen sind  ...

Cleopatras Auge ist unter jedem Himmel ein Genuss - ich habe das wundervolle Sternmuster schon unter heimischem Flughafenhimmel gesehen (und gezeichnet), auf der Schwäbischen Alb bewundert und unter dänischem Bortle-2-Himmel besucht - es macht einfach immer wieder Freude.


Hay-Merting 9 - Der Hut des Zubenelgenubi (kurz: Zubs Hut - Libra)

"Eine auffallende Anordnung von sechs Sternen 7. bis 9. Größenklasse in Gestalt einer Mütze oder eines Huts direkt nördlich von α Lib."

 

Das mit Zubi war so ... 

Libra, mhh ... noch nie gesehen, wo ist das Sternbild eigentlich und wann kann ich es sehen? Ein Blick in Sternkarten verrät mir: Mitte September schonmal nicht mehr wirklich, ich bin einen Monat zu spät dran. Und am Flughafen wird das sowieso nichts.

 

Ich befinde mich in der vierten oder fünften Beobachtungsnacht in Folge im wunderbaren Beobachtungsmonat September und denke mir beim Blick gen Südwesten, knapp über dem Messegelände und der Flughafenzugstreckengroßbaustelle: Da ist ein Stern. Ein einzelner. Das wird doch wohl nicht ... nein, niemals... Ja, doch, es ist ein Stern der Libra. Das Herz beginnt zu klopfen, vielleicht muss ich doch keine elf Monate mehr warten! Schnell ansteuern und tiefer in den Süden hangeln. Da, DA, ich sehe Zubenelgenubi mit einem Riesenhalo und Hutsterne! Ich zeichne, so flink ich kann, die Sterne auf, "Zubi" sinkt derweil im Sekundentakt immer tiefer auf das grellrote Licht einer der drei Baustellenkräne herab und kaum habe ich alle Sterne zu Papier gebracht, ist das Muster auch verschwunden - die Aktion war so aufreibend und lustig zugleich, dass ich erst einmal ausgelassen lache und mich freue.


Hay-Merting 10 - Roller Coaster (Cassiopeia)

"Beim Aufsuchen des PN IC 1747 fällt uns mit kleinen und mittleren Öffnungen immer wieder eine wunderschöne Sternkette relativ gleich heller Sterne 10. und 11. Größenklasse auf - wir sehen in der Sternkette eine Berg-und-Tal-Bahn (engl. roller coaster), der PN ist der Wagen unterwegs im Tal, ein Sternchen reitet nördlich mit."

 

Im Urlaub aller Urlaube, auf der dänischen Insel Møn, wagte ich mich an den kleinen PN-Achterbahnwagen mit seinem tollkühnen Fahrgast heran und staunte nicht schlecht, dass er tatsächlich ungefiltert am deutlichsten zu sehen ist, wie er da so schwungvoll durch die lang geschwungene Achterbahnweltraumstrecke saust.


Hay-Merting 11 - Das Würmchen (Cepheus)

"4' östlich des PN NGC 7139 ist eine Gruppe von Sternen 11. bis 13. Größenklasse markant, die einem Würmchen mit zwei Fühlern gleicht - das Tierchen scheint den PN in Uhrzeigerrichtung zu umkreisen."

 

Mit etwas Geduld zeigt sich mir das richtige Würmchen, das nämlich kleiner und schwächer ist als der Skorpion südöstlich, der mit seinen beiden Zangen auf Angriff gepolt zu sein scheint.

 

Noch viel mehr Geduld brauche ich für den PN, der sich unter aufgehelltem Himmel nicht gerade als dankbares Objekt erweist. Doch er zeigt Gnade und flufft immer wieder als verwaschenes Fleckchen auf - vielleicht wollte er auch nur einfach vom flOw-Wurm verspeist werden und versteckte sich deshalb so gut.

Hay-Merting 12 - Die Ananas (Cygnus)

"Die Basis der Ananas ist knapp östlich von 11 Cygni, zwei Sterne 8. Größenklasse gut 50' östlich von 11 Cygni sind die stacheligen Blattspitzen am Kopf - die Stelle auf halber Strecke zwischen 4 und 15 Cygni ist unter Landhimmel leicht mit bloßem Auge aufzufinden."

 

Nach knapp drei Jahren im Astronomiehobby fällt es mir im Sommer 2022 sehr leicht, die stachelige Ananas zu erkennen. Sternmuster sind und bleiben dankbare Objekte für jeden Himmel und fantasievölle Köpfe - höchstwahrscheinlich der Grund, aus dem ich so eine starke Affinität für sie entwickelt habe :)